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Digitalisierung bedenken

»Digital first, Bedenken second« verkündete im letzten Bundestagswahlkampf eine (später recht erfolgreiche) Partei. Dr. Matthias Burchardt, den der Kreisverband Jever zu einem Vortrag am 18.9. in den Schützenhof eingeladen hatte, führte mit einem Verweis auf diesen Wahlslogan in seine Ausführungen ein. Sein lebendiger Vortrag über die Digitalisierung der Schulbildung wurde zu einem flammenden Plädoyer, sich, anders als auf dem Plakat nahegelegt, den Mühen des Bedenkens zu stellen, um reflektiert digitale Medien im Unterricht einsetzen zu können.

Burchardt insistierte mit Nachdruck darauf, dass sich Lehrerinnen und Lehrer mit der pädagagogischen und politischen Dimension der Digitalisierung auseinandersetzen. Dies sei umso wichtiger, als dass in vielen Planungsgruppen zur Digitalisierung Vertreter der IT-Lobby den Ton angäben und deren Forderungen Gewinninteressen der Digitalwirtschaft und Sparwünsche der Politik, nicht aber den pädagogischen Sinn des propagierten Medieneinsatzes berücksichtigten.

Dabei sei bislang der Nachweis nicht geglückt, dass der massive Einsatz digitaler Medien dazu beitrüge, dass Schülerinnen und Schülern Bildung besser vermittelt werde. Erste wissenschaftliche Untersuchungen und die Reflektion bisheriger Digitalprojekte deuteten deutlich in die gegenteilige Richtung.

Dr. Burchardt plädierte im Fazit seines Vortrags dafür, Unterricht wieder als im Kern zwischenmenschliches Handeln anzuerkennen. Digitale Medien seien nichts weiter als didaktische Hilfsmittel, könnten aber die Steuerung des pädagogischen Tuns nicht übernehmen.

Den anwesenden Kolleginnen und Kollegen wurde durch Dr. Burchardts Vortrag die Gefahr bewusst, dass sich die Bildungspolitik an falschen Zielen orientiert. Dabei erschreckt es, in welchem Maß, fundamentale pädagogische Erkenntnisse ignoriert werden. In der auf den Vortrag folgenden Diskussion waren sich die Anwesenden einig, dass es nötig ist, sich den anbahnenden Fehlentwicklungen entgegenzustellen.

Schülerinnen und Schüler sollten souverän mit digitalen Medien umgehen können. Statt zu lernen, wie man digitale Instrumente bedient, müssen sie angeleitet werden, wie man diese beherrscht. Erfolgreich kann hier nur eine fundierte Bildung sein, die auf Kenntnissen der analogen Welt fußt.

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